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Ritter

Es war nicht so, dass es ihm Spaß machte diese Arbeit zu verrichten aber es war ihm ein Anliegen sie richtig zu machen. Gorgias hatte schon lange vergessen wie viele Gräber er jemals ausgehoben hatte. Jedes von ihnen hatte er mit Sorgfalt geschaffen. Eine letzte Ehre eines lebenden Wesens, dass seine Reise beendet hatte. So war auch dieses ein Werk für sich, mitten im Wald vor einem Großen Baum. Das einzige was fehlte war der Besitzer. Nur weilte dieser noch unter den Lebenden. Gorgias beseitigte die letzten Wurzeln, dann hatte er es geschafft. Er kletterte aus dem Loch heraus und legte die Schaufel beiseite. Neben dem Baum Stand seine Rüstung, sie wirkte wie ein stiller Wächter des Waldes. Als er auf sie zu ging erkannte ihn diese sofort und öffnete sich. Gorgias stieg hinein und die Panzerplatten schoben sich wieder zusammen. Aus Gewohnheit Prüfte er ein paar Bewegungen durch um zu sehen ob die Rüstung voll einsatzbereit war. Die Motoren nahmen ihm nicht nur die last von den Schultern sondern beschleunigten auch seine Bewegungen, wenn er es wünschte. Daneben stand sein Ross. Elegantes Metall, geformt wie eine Bestie aus einer Sage. Gorgias stieg auf und weckte den Motor aus seinem Schlaf. Ein leises Zischen war das einzige was er hörte als sich das Gefährt ein Stück in die Luft erhob. Er drehte noch einmal einen Kreis um das Grab, dann raste er in den Wald hinein. Es war Zeit den Besitzer zu seinem neuen Zuhause zu bringen.

Eine halbe Stunde war vergangen als Gorgias den Rand des Waldes erreicht hatte. Dass Terrain öffnete sich zu einem massiven Steinbruch. Er ließ sein Ross zurück und bewegte sich zu einer Felskante. Das Treffen hatte beriets begonnen. Zwölf Figuren hatten sich eingefunden. Sie standen etwa zweihundert Meter von ihm entfernt, am Rande eines Tunnels. Alle waren in Rüstungen gehüllt, doch drei von ihnen hatten ihre Helme eingefahren. Von der Körpersprache ausgehend vermutete Gorgias fünf Teilnehmer des Treffens und sieben Wachen. Die Gruppe setzte sich in Bewegung und verschwand in dem Tunnel. Gorgias war bewusst, dass sie ein paar Wachen am Eingang postieren würden. Diese würden nicht Draußen bleiben wo sie jeder sehen konnte, sondern weiter hinten im Tunnel Posten beziehen. Das würde es für ihn schwierig gestallten unbemerkt hinein zu gelangen. Aber Gorgias hatte keinerlei Interesse daran unbemerkt zu bleiben. Er sprang von der Klippe herunter. Nach einem kurzen Flug schlug er hart auf dem Boden auf, den Stoß durch die Rüstung vernachlässigbar abgefedert. Er setzte direkt in einen Sprint auf den Höhleneingang zu.

Als er von der Dunkelheit verschluckt wurde schalteten sich die Sensoren der Rüstung ein. Seine Sicht wurde wieder mit Farben und Formen gefüllt. Er zog einen Stab von seinem Rücken. Dieser weitete sich und an seinem Ende begann die Klinge einer Hellebarde zu leuchten. Schon ein paar Schritte hinter dem Eingang machte seine Rüstung die ersten Wachen aus. Der Zeitpunkt passte gut. Die Wächter hatten sich kaum mit der Umgebung vertraut gemacht, da wurden sie auch schon angegriffen. Die Läufe ihrer Gewehre fauchten auf und Gorgias entgegen. Doch dessen Rüstung bekam nur ein paar neue Kratzer hinzu, als die Kugeln von Funken begleitet abprallten. Die zwei Wächter waren gut trainiert. In dem Moment als sie sahen das ihr Gegner gepanzert war zogen sie auch schon ihre Lanzen. Gorgias stoppte nicht und preschte direkt auf den ersten der beiden zu. Er wusste, dass die beiden die erste Gelegenheit nutzen würden ihn nieder zu Strecken. Also gab er ihm diese Gelegenheit. Mit offener Haltung stürmte er auf dessen Klinge zu. Er konnte den Gedanken in seinem gegenüber sehen. Gorgias machte einen kleinen Schritt zur Seite und öffnete seine linke Seite noch weiter. Die Klinge sauste zwischen Arm und Flanke hindurch. Mit voller Wucht schlug er auf den Wächter. Er klemmte die Lanze ein und schob den Körper in Richtung des Anderen Soldaten. Dieser Versuchte vergebens eine Öffnung zu finden um den Angreifer treffen zu können, aber dieser gab ihm keine. Gorgias stürmte mit seinem menschlichen Schild auf den Soldaten zu. Dieser machte einen Satz zur Seite um von der Flanke aus anzugreifen. Gorgias ließ den Körper aber nicht die Lanze los. Mit dieser parierte er den Angriff auf seine Seite und brachte die Hellebarde herum direkt in die Mitte seinen Gegners. Ein Stoß aus der Schulter heraus versenkte die Klinge in der Rüstung. Gorgias zog die Hellebarde zurück und der Wächter sackte in sich zusammen. Der Andere hatte seinen Schock überwunden. Seiner Hauptwaffe beraubt öffnete sich eine der Beinplatten und gab einen Griff frei. Der Soldat zog ein Schwert heraus und entfachte die Klinge. Gorgias warf die Lanze hinter sich und nahm seine Waffe in zwei Hände, dann ging er zum Angriff über. Die Reichweite seiner Hellebarde machte es dem Schwert fast unmöglich einen eigenen Angriff zu starten. Es dauerte acht Sekunden bis Gorgias eine Lücke in der Verteidigung gefunden hatte und die Klinge einen Weg ins innere Seines Gegners gefunden hatte. Der Soldat spuckte noch einmal Blut dann schlaffte sein Körper ab. In Gedanken bedachte Gorgias die beiden Toten mit den Worten des Undrill Mortalis. Dann war er schon wieder im vollen Lauf tiefer in die Tunnel hinein.

Sie würden jetzt vorbereitet sein, da machte sich Gorgias keine Illusionen. Die beiden Wachen hatten mehr als genug Zeit gehabt um zumindest einen Schrei zu übertragen. Der Tunnel spaltete sich in mehrere Abzweigungen auf. Ohne langsamer zu werden erkannte er die Spuren der Gruppe und folgte ihnen. Seine Schritte donnerten in dem ausgehöhlten Stein. Auf ein unsichtbares Zeichen bremste er plötzlich ab und ging in einen schnellen Schritt über. Es war sein Instinkt der ihm zur Vorsicht gebot. Die Gruppe würde sich vielleicht von einer Wache trennen aber der Rest könnte sich entscheiden zusammen zu bleiben. Gegen zehn auf einmal zu kämpfen könnte ein Problem werden.

Es dauerte nicht lange dann öffnete sich der Gang zu einer großen Kammer. Der Eingang war unerwartet frei einzusehen. Es waren keine weiteren Wachen postiert, soweit Gorgias das erkennen konnte. In der Mitte des Raumes erhob sich der Boden zu einer kleinen Anhöhe. Auf dieser standen fünf Ritter, einander zugewandt und im Gespräch vertieft. Die Wachen standen in einer Reihe zwischen Gorgias und seinem Ziel. Sie hatten ihre Speere gezogen und standen kampfbereit. Die Ritter unterbrachen ihr Gespräch und wendeten sich Gorgias zu. Ein Mann mit zurückgegelten Haaren machte einen Schritt auf ihn zu. Seine Rüstung war nachtblau mit goldenen Verzierungen.

„Ein einzelner Ritter der unser kleines Miteinander stört. Da würde ich gerne wissen mit wem wir die Ehre haben? Gibt es etwas bestimmtes, dass sie von uns haben möchten oder muss noch mehr Blut fließen bis wir eine Antwort bekommen?“

Gorgias blieb etwa zehn Schritt vor der Reihe an Wachen stehen, entfachte seine Hellebarde und Zeigte mit ihr auf einen der Ritter. Die Rüstung war rot und mit feinen silbernen Linien verziert. Auf der Brust prangte das Wappen eines Geflügelten Löwen. Der schnitt der Rüstung deutete auf eine Frau im Inneren. Die Blicke der Anderen wendeten sich dieser zu. Auf den Lippen des Sprechers tauchte ein leichtes Lächeln auf.

„Einen Interessanten Feind den Ihr da habt. Wünscht Ihr das alleine zu klären oder werden wir zu diesem Spektakel eingeladen?“

Ein Ritter, ebenfalls eine Frau in den selben Farben des Sprechers machte einen Schritt nach vorne. Der Helm Geschlossen und ihre Haltung angespannt.

„Er hat zwei meiner Männer umgebracht, es ist somit auch meine Angelegenheit.“

Der Ritter in rot berührte das Wappen auf ihrer Brust . Sie verließ den Kreis und machte ein paar schritte auf Gorgias zu. Eine Handbewegung zum Kragen löste ein leises zischen aus. Die Platten des Helmes zogen sich langsam in die Rüstung zurück. Zum Vorschein kam eine Frau mittleren Alters, ihr Gesicht überzogen von Narben. Die blonden Haare trug sie in einem engen Knoten am Hinterkopf. Graue Augen fixierten Gorgias. Als sie sprach waren ihre Worte sanft aber fordernd.

„Mein lieber Gorgias, bist du das wirklich oder hat tatsächlich jemand den Mumm sich für dich auszugeben. Ich dachte du wärst schon in dieser verdammten Ruine verrottet.“

Für einen Moment herrschte Stille.

„Es ist Zeit Marlena.“

Gorgias Stimme war rauer und tiefer als Marlena sie in Erinnerung hatte, aber sie erkannte sie sofort. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie hatte ihn sterben sehen. Es war unmöglich, dass er hier vor ihr stand.

Sie drehte sich zu dem Ritter in Blau.

„Werter Graf, dies ist eine Persönliche Angelegenheit, ich bitte dies zu Entschuldigen. Ich werde diese Herausforderung annehmen müssen.“

Der Ritter verzog sein Gesicht in Missfallen.

„Das ist höchst unangenehm für uns. Wir würden nur ungern Euch und eure Fähigkeiten und euren Rat verlieren. Daher muss ich euch noch einmal unsere Hilfe in dieser Angelegenheit anbieten. Unser Zirkel steht zusammen und euch zur Seite solltet ihr es wünschen. Nicht zu vergessen die Tode zweier treuer Soldaten meines Hauses.“

„Das kann ich nicht annehmen. Dieser Mann ist gefährlicher als mir bewusst war. Wenn er wirklich unsere letzte Begegnung überlebt hat, könnte er dem Zirkel mehr schaden als ich ihm von Nutzen bin. Ein offener Kampf mit ihm kann mehr Opfer kosten, als wir bereits gezahlt haben.“

Der Graf machte eine kurze zustimmende Verbeugung. Seine Augen richteten sich auf Gorgias. Tief in ihnen konnte Marlena Interesse aufleuchten sehen. Sie wendete sich wieder Gorgias zu. Mit einer Handbewegung schloss sie ihren Helm und Griff nach ihrem Kampfstab. Dieser entfaltete sich und entfachte drei Klingen, angeordnet wie ein Blatt an jeweils einem Ende. Sie ging um die Wachen herum und stellte sich vor ihrem Herausvorderer auf. Dieser hatte eine offene Haltung eingenommen. Die Hellebarde nach unten geneigt und in einer Hand. Marlena erinnerte sich an Gorgias früheren Kampfstiel. Er war immer schon aggressiv gewesen doch diese Haltung kannte sie nicht. Früher hatte sie ihn immer bewundert wie grausam schnell er war. Dieser Gedanke schien sich zu manifestieren, als Gorgias erst einen langsamen Schritt nach vorn machte, dann aber schon seine Hellebarde auf sie zugeschossen kam.

Ohne ihre Rüstung wäre der Kampf schon längst vorbei gewesen. Gorgias Klinge sauste durch die Luft haarscharf an Marlena vorbei. Erst im letzten Moment hatte sie einen Satz nach hinten machen können. Ohne die Motoren der Rüstung hätte es nicht gereicht. Gorgias Hellebarde hatte erst ihren tödlichen Tanz begonnen und kam dieses mal von oben auf sie zu. Der Kampfstab blockte die schneide, doch die Wucht des Schlags erschütterte ihre Knochen. Marlena ging in eine Drehung über und setzte ihrerseits zum Angriff an. Ihr Stil erinnerte an eine Tänzerin. In eleganten Schwüngen drehte sich ihr Stab zum Angriff oder in der Verteidigung. Sie brachte ihre Klingen immer wieder gefährlich nahe an Gorgias. Doch dieser parierte sie alle, als ob er sehen konnte woher sie kamen. Marlena tauchte tief in ihr Arsenal an Tricks um mit Gorgias Tempo mit zu halten. Doch nach einer Attacke von Gorgias, setzte er einem Schlag mit dem stumpfen Ende seiner Waffe nach. Marlena wurde in den Rumpf getroffen. Der Aufprall war so heftig, dass Marlena einige Meter nach hinten geworfen wurde.

Hart schlug die Rüstung gegen einen Stein. In ihrem Kopf wurde es kurz dunkel und für einen Moment spürte sie weder Schmerz noch das Brennen ihrer Muskeln. Im nächsten Augenblick kam alles wieder zurück, wie eine Welle aus Feuer. Ihr Atem kam in schnellen Schüben und ihr Herz raste in ihrer Brust. Gorgias kam langsam auf sie zu. Er zeigte keine Anzeichen von Erschöpfung, seine Schritte gleichmäßig wie ein Metronom. Marlena war als würde sie von einem Dämon gejagt werden. Irgendetwas stimmte mit diesem Gorgias nicht. Er hätte damals sterben müssen. Sie hatte seine Wunden gesehen, so etwas überlebte man nicht. Ein Schub Adrenalin raste durch sie hindurch. Sie quälte sich auf die Beine, hob ihren Stab auf und nahm Kampfhaltung ein. Gorgias blieb vor ihr stehen. Die Hellebarde ruhte entspannt in einer Hand.

„Es ist Zeit zu ruhen Marlena.“

Sie spannte sich an um zuzuschlagen, ihr treuer Stab gehorchte und schwang nach vorn. Die Klingen rasten auf Gorgias zu. Ein dumpfer Ruck zog durch ihren Körper.

Sie Zwang sich ihren Blick zu senken und sah Gorgias Klinge in ihrer Brust. Er war ihrem Schlag ausgewichen und hatte die Waffe einhändig ins Ziel geführt. Marlenas Stab fiel lautstark zu Boden. Sie mühte sich ihren Helm zu öffnen, in der Hoffnung besser Luft zu bekommen. Die Kalte Höhlenluft war ein kleiner Tropfen Wasser gegen das Feuer in ihrem Körper. Gorgias kam einen Schritt näher und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sein Helm öffnete sich ein Stück damit nur Marlena sein Gesicht sehen konnte. Sie vergaß für einen Moment, dass sie gleich sterben würde. Leere Augenhöhlen starrten sie an. Gorgias Kopf war ein dunkler Schädel ohne Haut und Haar. Doch ihr war so als könnte sie einen Hauch seines alten Gesichts sehen, voll mit Narben und mit diesen treuen Augen. Sie schauten sie traurig an. Es dauerte einen kurzen Moment bis sie es verstand. Die Trauer galt der Frau die sie einst war, damals vor dieser einen Nacht. Marlenas Lippen verzogen sich noch einmal zu etwas das einem Lächeln gleich kam und starb.

Gorgias Helm schloss sich wieder. Er zog die Hellebarde aus Marlena heraus und legte sie neben sich ab. Dann öffnete er die Rüstung von Ihr und legte sich den Leichnam vorsichtig über die Schulter. Neben ihm nahm er Schritte war. Die Wachen waren zu ihm vorgerückt gefolgt von den Rittern in Blau. Er erhob sich, die Hellebarde wieder in der rechten Hand. Der Mann ergriff erneut das Wort.

„Das war wirklich ein beeindruckendes Duell. Es ist nur eine Schande, dass Sie von uns gehen musste. Wir werden ihre Talente vermissen. Ich denke ich sollte mich vorstellen, mein Name ist Graf Demor Trevallis. Und soweit ich mitbekommen habe nennt man euch Gorgias.“

Gorgias wendete sich von ihnen ab und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Graf Trevallis hielt neben ihm Schritt, die Wachen wie eine lebende Mauer zwischen den beiden.

„Ich sehe schon Sie sind eher von der schweigsamen Sorte. Wir könnten jemanden mit Ihren Fähigkeiten in unseren Reihen gut gebrauchen.“

Gorgias Schritte vielen gleichmäßig und unbekümmert von dem was sich neben ihm abspielte. Der Ritter neben ihm blieb am Eingang der Höhle stehen und die Wachen stellten sich vor ihn.

„Sollten sie es sich doch überlegen kommen sie zu mir nach Veldor und wir reden darüber! Dann bekommen sie auch eine Gelegenheit das Blut zu bezahlen, dass sie heute vergossen haben.“

Seine Kleidung lag an einem Körper an den er nicht mehr besaß. Es gab nur noch einen Schatten, der über seinen geschwärzt Knochen hing. Doch die Realität erkannte diesen Schatten immer noch an, selbst wenn er und andere ihn kaum erkennen konnten. Gorgias stand an Marlenas Grab und sprach die Worte des Undrill Mortalis. Er griff in eine seiner Taschen und zog ein kleines Buch in schwarzem Leder hervor. An der Seite war ein Stift befestigt den er löste. Er blätterte die Seiten vorsichtig um, bis er gefunden hatte was er suchte. In einer Liste stand der Eintrag ‚Ritter Marlena Hanmarat‘. Mit dem Stift strich er den Namen durch und blätterte auf eine Leere Seite. Dort schrieb er den Namen des Grafen auf, den genannten Ort und warum er ihn kannte. Dann schloss er das Buch wieder und verstaute es. Gorgias stieg in seine Rüstung und auf sein Ross. Noch einmal betrachtete er das Grab, dann ritt er in die Nacht hinein. 

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