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Ausbrechen

Ich bin durch Stein, Stahl und Schmerz gegangen. Habe Mauern überwunden, die ich für unbezwingbar hielt. Bin durch Schächte gekrochen, die ich selbst in die kalte Erde getrieben habe. Lange hatte es gedauert, bis ich mich aus meinem Gefängnis ins Freie gekämpft hatte. Da stand ich in der klaren Luft eines neuen Tages und für einen kurzen Moment war ich wirklich froh. Doch dann zogen Ketten an mir, die ich noch nicht kannte. Meine Beine rutschten unter mir weg und ich schlug hart auf dem Boden der Realität auf. Der Geschmack nach Blut lag in meinem Mund. In meinen Ohren hämmerte mein Herz, als wolle es aus mir ausbrechen. Als ich es geschafft hatte, mich wieder aufzurappeln, blickte ich zurück zu den dunklen Mauern meines Gefängnisses. Wie ein geduldiges Monster lag es da, als hätte es alle Zeit der Welt um mich erneut zu verschlucken. Ich wollte mich gerade wieder abwenden, da brannte etwas heiß in meiner Hand. Zögernd und mit zittriger Hand öffnete ich sie. Dort lag der Schlüssel. Mir war sofort klar, in welches Schloss er passen würde. Er würde alle Türen öffnen, die ich mühsam umgangen hatte. Die Ketten an mir würden sofort aufspringen und herunterfallen, wenn ich ihn verwenden würde. Er war die ganze Zeit geduldig in meiner Hand gelegen.

Ich, war das Gefängnis, aus dem ich versucht hatte zu entkommen. Schmerzhaft wurde mir alles auf einmal klar. Ich habe diese Mauern gebaut und diese Türen verschlossen. Es waren meine Hände die meine Ketten angelegt hatten.

 

Aber warum?

 

Ich blute hier wegen mir!

 

Ich atmete einen tiefen Zug meiner 'Freiheit' ein und sah mir die Fesseln an. Es gab etwas in mir, das mich nicht frei lassen wollte. Weil es etwas gab, das mir so wichtig war, dass ich mich selbst lieber bluten sehe, als davonzulaufen. Die Ketten sind stark, weil mein Wille stark ist. Langsam ging ich wieder auf mein Gefängnis zu. Die Ketten formten sich zu schönen Ringen, die mich nicht behindern würden, doch werden sie mich stets an das erinnern was so wichtig ist,

wenn ich es gefunden habe.

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